Streumunition im Bombodrom Wittstock

Die Geschichte der Streumunitionsräumung
in der Kyritz-Ruppiner Heide

 

Ein chronologischer Überblick

 

In der Kyritz-Ruppiner Heide, auf dem Gebiet des ehemaligen Truppenübungsplatz Wittstock (ehem. TrÜbPl Wittstock), befindet sich das umfangreichste lokale Kampfmittelräumprojekt der jüngeren Geschichte Deutschlands. Als Vertragsstaat zum „Übereinkommen über Streumunition“ von 2010 hat sich die Bundesrepublik Deutschland dazu verpflichtet, alle mit erwiesenen oder vermutlichen Streumunitionsrückständen belasteten Flächen zu beräumen. Mit enormem finanziellem, personellem und organisatorischem Aufwand sollen im Kernbereich des ehem. TrÜbPl Wittstock bis Ende 2024 alle belasteten Flächen beräumt und das Räumprojekt insgesamt zum 1. August 2025 zu Ende gebracht werden. An diese Räumfrist ist Deutschland im Rahmen der Erfüllung seiner Verpflichtungen aus dem Übereinkommen verbindlich gebunden.

Dieser Beitrag hat zum Ziel, einen chronologischen Überblick zu schaffen zu den Umständen, die zu dieser Maßnahme geführt haben. Dabei sollen sowohl die Hintergründe als auch die Herausforderungen und Fortschritte beschrieben werden, die diesem Projekt innewohnen. Überwiegend kann dabei auf die Informationen zurückgegriffen werden, die Deutschland im Rahmen seiner Meldeverpflichtungen regelmäßig an die Vereinten Nationen und die anderen Vertragsstaaten weitergibt. Das Leitresort „Auswärtiges Amt“ wird dabei maßgeblich beraten und unterstützt von Mathias Muckel, Karsten Pfaue und Dr. Kay Winkelmann. Nichtregierungsorganisationen wie „Cluster Munition Monitor“ und „Norwegian People‘s Aid“ veröffentlichen zudem jährlich Sachstandsberichte und bewerten die Fortschritte, so dass die Zivilgesellschaft ebenfalls Einblicke gewinnen kann.

Einige Informationen „aus erster Hand“ kann der Verfasser ebenfalls beisteuern, da er als Munitionstechnischer Offizier und Rüstungskontrolloffizier der Bundeswehr die jährlichen Informationsaustausche von Beginn an unterstützt und als Delegationsmitglied offizielle Experten- und Vertragsstaatentreffen begleitet hat, so zum Beispiel das erste Treffen der Vertragsstaaten in Laos 2010 und das Folgetreffen im Libanon 2011. Zudem war er von 1997 bis 2001 dienstlich in einem nahe gelegenen Munitionsdepot eingesetzt, so dass es auch dort Berührungspunkte gab.

Zusammenfassung

Das „Übereinkommen über Streumunition“ („Convention on Cluster Munitions“, CCM), auch als Oslo-Übereinkommen bekannt, ist ein am 1. August 2010 in Kraft getretener völkerrechtlicher Vertrag zum Verbot des Einsatzes, der Entwicklung, der Herstellung, des Erwerbs, der Lagerung und der Weitergabe von Streumunition. Als Streumunition definiert das Übereinkommen konventionelle Munition, die dazu bestimmt ist, explosive Submunitionen mit jeweils weniger als zwanzig Kilogramm Gewicht zu verstreuen oder freizugeben und schließt diese explosiven Submunitionen ein. Gefährlich ist Streumunition auch deshalb, weil ein erheblicher Prozentsatz der Submunitionen nicht detoniert, sondern als Blindgänger vor Ort verbleibt und die Bevölkerung selbst nach Beendigung eines Konflikts gefährdet. Submunitionen sind wegen ihrer geringen Größe schwer auffindbar. Neben den Verbotsbestimmungen enthält das Übereinkommen auch Vorgaben zur Zerstörung vorhandener Bestände an Streumunition, zum Räumen mit Streumunition kontaminierter Flächen, zur Unterstützung der Opfer von Streumunition und zur Unterstützung anderer Vertragsstaaten bei der Umsetzung der aus dem Übereinkommen resultierenden Verpflichtungen sowie zur jährlichen Berichterstattung.

Die Kontamination durch Streumunitionsreste ist in Deutschland auf ein Gebiet beschränkt: einen ehemaligen Truppenübungsplatz der sowjetischen Streitkräfte in der Nähe der Stadt Wittstock, etwa 80 Kilometer nordwestlich von Berlin und dessen Kontaminierung mit Streumunition erst 2011 festgestellt wurde. Die Liegenschaft Wittstock wurde zum 1. Oktober 2011 von der Bundeswehr in das Ressortvermögen der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) abgegeben. Durch die kontinuierliche Nutzung durch Streitkräfte des ehemaligen Warschauer Paktes von 1953 bis 1993 als militärisches Übungsgelände, sowohl für Bodenoperationen als auch für Luft-Boden-Zielübungen, unter anderem als Bombenabwurfplatz, ist die Gesamtkontamination des 120 km2 großen Geländes mit Blindgängern und Kriegsresten sehr hoch. Die Verdachtsfläche für die Kontamination mit Streumunition beträgt 11 km2. Von 2017 bis Ende 2022 konnten 5,72 der 11 km2 von Submunition diverser Typen geräumt werden, dabei wurden ca. 6.500 Streumunitionsblindgänger freigelegt und vernichtet.

Aufgrund der dichten Vegetation und der hohen Konzentration von weiteren explosiven Rückständen auf dem Gelände konnte Deutschland die vertraglich vorgesehene Frist für die Räumung von zehn
Jahren nach Inkrafttreten des Übereinkommens bis August 2020 nicht einhalten und beantragte eine Verlängerung der Räumfrist um fünf Jahre. Die nun gültige Räumfrist endet am 1. August 2025. Deutschland ist fest entschlossen, seinen Räumungsverpflichtungen nachzukommen und hat einen Arbeitsplan für die kommenden Jahre aufgestellt, um die Räumungsfrist im August 2025 einzuhalten: Drei spezialisierte private Unternehmen mit zusammen rund 220 Mitarbeitern sind derzeit mit der Räumung des Geländes beschäftigt. Diese Zahl wurde in den letzten Jahren erheblich aufgestockt. Damit arbeiten inzwischen über 15 % aller zugelassenen Mitarbeiter der Kampfmittelräumbranche in Deutschland in Wittstock.

Bis Ende 2022 wurden bereits rund 89,1 Millionen Euro für die Räumung in Wittstock ausgegeben und bis zum Abschluss der Räumung müssen weitere 68 Mio. EUR aufgewendet werden, so dass sich die Gesamtkosten für die Räumung auf mindestens ca. 157 Mio. EUR belaufen.

 

Der ganze Beitrag kann hier gelesen werden: Streumunition Wittstock

 

 

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